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Intervall- und Chord Parcours

Jeder Musiker sollte Intervalle, Skalen und Akkordtöne samt ihren Erweiterungen halbwegs beherrschen. Sie sollten zum allgemeinen Grundrepertoire gehören. Oftmals zeigen sich aber gerade hier einige Defizite. Dies wurde mir persönlich immer stärker bewusst, je mehr ich mit Dozenten, Produzenten oder verschiedenartigsten Musikern zusammen kam.
Natürlich gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten dieses Vokabular zu erlernen. Letztendlich ist es aber eine Fleißarbeit um die sich jeder selbst kümmern muss. Um eine gewisse Effektivität zu schaffen habe ich - mehr für mich - eine Methode konzipiert, welche das Erlernen von Chords und Tensions komprimiert. Da mir diese Übung sehr viel gebracht hat, würde ich diese auch gerne weitergeben.

Die Methodik besteht aus drei unabhängigen Teilen, wobei es von Vorteil ist, sich zuerst mit dem Teil Intervall- Parcours zu befassen. Parallel hierzu kann man sich auch mit dem zweiten Teil Chord-Parcours beschäftigen. Der dritte Teil Extended-Chord Parcour ist für Fortgeschrittene gedacht ...

Intervall Parcours

Man wird feststellen, dass diese Übung die Bezeichnung Parcours zu Recht verdient. Was wir nachfolgend sehen, ist eine Tabelle mit Zahlen. Jede Zahl stellt ein Intervall dar.
Beispiel: 1 = Grundton, b2 oder b9 = kleine None, 2 oder 9 = None, b3 = kleine Terz, 3 = große Terz, 4 = Quarte, b5 oder #11 = Tritonus, 5 = Quinte, b6 oder b13 = kleine Sechste, 6 oder 13 = große Sechste, b7 = kleine Septime, M7 oder maj7 = große Septime, 8=Oktave.
Die erste Zahl in der Tabelle ist eine 1. Man spielt also den Grundton. Die Frage ist: Welchen? Die Antwort ist: Welchen möchtest du? Und genau hier fangen die Freiheiten aber auch die Schwierigkeiten des Parcours an.

Vorgehen:
Man sucht sich einen Ton aus, z.B. ein D. Somit ist klar, dass die zweite Zahl 5 ein A sein muss und die dritte Zahl 3 ein F#. Zu Beginn sollte man (immer mit einem Metronom) den ersten Block mit einem Grundton fehlerfrei durchspielen. Danach ist entweder im Quintenzirkel oder chromatisch der Grundton zu ändern. Das Tempo kann natürlich auch sukzessive erhöht werden. Die Töne können vom Grundton aufwärts gespielt werden, nach einer Weile sollte man aber auch vom Grundton abwärts spielen. Was generell hierbei wichtig ist: Macht Euch immer bewusst was ihr gerade spielt. Beispiel: 1 entspricht dem tonalen Zentrum, b9 das ist die kleine None wie in Phrygisch, #11 ist der Tritonus wie in Lydisch, alteriert oder Blues, b7 ist die kleine Septime wie bei Dom.7 oder Moll7 etc.

1. Schwierigkeitsgrad:
Nach jeder Zeile wird der Grundton geändert. Entweder im Quintenzirkel oder chromatisch. Als besonders gemein hat sich die Variante Random (also zufällig) herauskristallisiert. Dabei entscheidet man sich erst kurzfristig zum Ende einer jeden Zeile für einen anderen beliebigen Grundton, der dann (natürlich) so schnell auch nicht mehr vorkommen darf.

2. Schwierigkeitsgrad:
Bei jeder 1 wird der Grundton geändert. Entweder im Quintenzirkel, chromatisch oder zufällig.

Varianten:
Spannend wird es auch, die Zahlen von rechts nach links, oben nach unten, unten nach oben, oder diagonal zu lesen.

Zum Üben wird nicht zwingend ein Instrument benötigt. Man kann nämlich das Ganze auch auf einem Tablet oder Smartphone überall gedanklich angehen (hierbei – denke ich – ist ein Verzicht auf das Metronom durchaus legitim), denn letztendlich muss es in den Kopf.

Intervall Parcours  - Copyright: Erdal Tosun 2013

Intervall Parcours - Copyright: Erdal Tosun 2013

Intervall Parcours - Copyright: Erdal Tosun 2013

Intervall Parcours - Copyright: Erdal Tosun 2013

Chord Parcours

Nachdem das Intervallverständnis mittels des Intervall Parcours aufbereitet wurde lässt sich nun der Chord Parcours einfacher erarbeiten. Die Anordnung der Akkorde wurde bewusst nicht funktionsharmonisch verkettet, da evtl. aus Kadenzfunktionen die nachfolgenden Skalen zu einfach abgeleitet werden können. Dies wäre eine andere Übung.
Bei der Akkordfolge wurde jedoch stets darauf geachtet, dass sich die Vorzeichen nach und nach behutsam vermehren und vorangegangene Akkorde sich möglichst wiederholen.

Zuvor sollte folgende Information bekannt sein:
Ionisch – Beispiel: Cmaj7
Dorisch – charakt. Ton = große 13 – Beispiel: Dm7/13
Phrygisch – charakt. Ton = kleine 2 – Beispiel: Em7/b9/b13
Lydisch – charakt. Ton = Übermäßige Quarte – Beispiel: Fmaj7/#11
Mixolydisch – charakt. Ton = kleine Septime – Beispiel: G7
Aeolisch – rein – Beispiel: Am7/b13
Lokrisch – charakt. Töne = kleine 2 und verminderte 5 – Beispiel: B-7/b5/b9

Vorgehen:
Es empfiehlt sich als erstes die Akkordtöne als Arpeggio von Grundton bis zur Septime (immer mit einem Metronom) auf dem Instrument zu spielen. Danach wird der charakteristische Ton angespielt. Man kann später die Arpeggios so aufbauen, dass der charakteristische Ton direkt (z.B. als höchster Ton) mitgespielt wird. Kommt man an einer Stelle nicht weiter ist es ratsam die Akkordtöne festzustellen, diese langsam auf dem Instrument zu erlernen und wieder von ganz vorne anzufangen. Eine nette Abwechselung ist es auch, die entsprechenden Skalen zu den Akkorden als Achtelnoten zu spielen. Ist ein Durchlauf ohne Probleme gelungen kann man das Metronom um eine Einheit erhöhen. Damit man nicht zu sehr seinen Gewohnheiten folgt, ist es bei diesem Parcours hilfreich die Leserichtung oft zu ändern (von rechts nach links, oben nach unten, unten nach oben, oder diagonal)

1. Schwierigkeitsgrad:
Aus den Akkordtönen und Erweiterungen bestehend, kleine Melodiebögen spielen. Hierbei sollte möglichst nicht mit dem Grundton begonnen werden.

2. Schwierigkeitsgrad:
Bei den Dom.7 Akkordsymbolen alterierte oder harmonische Moll-Skalen einstreuen.

Chord Parcours - Copyright: Erdal Tosun 2013

Der Extended-Chord Parcours befasst sich mit melod. und harm. Moll, HTGT, GT und GTHT Skalen und deren zugehörigen Akkordsymbolen.
Extended Chord Parcours - Copyright: Erdal Tosun 2013